in live

Massive Attack

Es gibt nur ganz ganz wenige Alben in meiner Sammlung – und daraus schließe ich: auf der ganzen Welt – die man sich wirklich niemals überhören kann. Eines davon haben Massive Attack komponiert. Ich bin Fan der Band seit deren dritten Album Mezzanine, dass mir mein damaliger CD-Dealer sprichwörtlich aufgedrängt hat. Dieser düstere langsame schwere Sound lässt mich seit dem nicht mehr los. Gestern waren Massive Attack im Tempodrom.


Martina Topley Bird

Für das erste Highlight des Abends sorgte die Vorband, oder in dem Fall eigentlich eher die Vorfrau: Martina Topley Bird. Eine recht imposante Erscheinung da auf der Bühne mit ihrem rosa  Kleidchen. Unterstützt wurde sie von einem Ninja an den Drums*. Die beiden sind wahre Multitalente, denn sie haben zu zweit alle Songs vollständig live instrumentiert. Der Ninja hat parallel zu den Drums auch noch die Gitarre oder andere Instrumente bedient, Martina hat diverse Tasteninstrumente und ein Xylophon bedient und dank eines kleines Samplers auch den Backgroundgesang eingesungen. Und bei der ganzen Show kam auch noch ausgesprochen gute Musik bei raus. Ihre Stimme hat mich zuweilen an Shirley Bassey erinnert und es wäre wirklich sehr angebracht, wenn Martina Topley Bird den nächsten Bond-Song macht.


Massive Attack

Es ist für mich jetzt das dritte Massive Attack – Konzert gewesen und jedes Mal hatte ich vorher große Angst. Die Band ist wie ihre Songs: Groß! Da stehen bzw. sitzen zwischenzeitlich bis zu neun Leute auf der Bühne. Die Songs sind recht anspruchsvoll arrangiert und werden – soweit ich das beurteilen kann – vollständig live gespielt. Da kommt jedenfalls nicht viel aus der Konserve. Und vor jedem Konzert hatte ich große Angst, dass der Sound in der jeweiligen Location einer solchen Herausforderung nicht gewachsen ist. Glücklicherweise waren meine Ängste auch dieses Mal unbegründet. Das Tempodrom ist – nicht nur was die Klangqualität angeht – eine hervorragende Halle.


Massive Attack mit Martina Topley Bird

Aber eine gewisse Skepsis blieb bei den ersten Takten schon: Die Songs waren mir völlig unbekannt und klangen dann auch erstmal nicht ganz so toll. Wahrscheinlich war es neues Material und Massive Attack Songs funktionieren nicht unbedingt immer gleich beim ersten Hören. Aber irgendwie groovte man sich da auch rein und als Martina Topley Bird auf die Bühne kam, um ihren Part zu singen, war alles perfekt. Sie hat wohl einige Songs auf dem neuen Album mit eingesungen, ist daher auch gleich als Support mit auf Tour und hat an dem Abend die meisten Songs mit weiblicher Stimme gesungen.


Massive Attack mit Horace Andy

Natürlich ging es für mich erst richtig ab, als die Highlights von Mezzanine ausgepackt wurden. Songs wie Risingson, Inertia Creeps oder Mezzanine sind live nochmal um einiges größer und brachialer und schöner. Natürlich spielten sich auch Teardrop, allerdings in einem sehr schicken Remix. Für Angel hatten sie auch den guten alten Horace Andy mit eingepackt, der seinen Part beigesteuert hat. Offenbar ist er auch an einigen neuen Songs beteiligt, er kam noch ein paar Mal auf die Bühne.


Massive Attack

Die Bühnendeko bestand größtenteils aus einer riesigen LCD-Wand hinter der Band. Die Botschaften, die man dort zum Teil projezierten, waren durchaus gesellschaftskritisch, wie es sich für die Band gehört. Während eines Songs präsentierte man beispielswiese Geldbeträge, wie die Summe an Ausgaben pro Monat um die Parlamentarier mit Keksen zu versorgen (ich glaub, das waren 7$), um diese dann mit Kosten zu Vergleichen, die zum Beispiel die medizinische Versorgung eines Afrikaners im Monat kosten würde (auch etwas um die 7$). Die Schere zwischen arm und reich wurde mit den immer weiter steigenden Zahlen sehr deutlich. Hängen geblieben ist bei mir noch das Grab in Santa Barbara für 88.000 $.


Massive Attack

Dergleichen gab es noch einiges mehr. Zwischendurch mal ein paar Zitate bekannter Persönlichkeiten, dann mal eine Weltkugel Flugrouten und Abflugplänen oder auch mal Firmenlogos einiger bekannter und möglicherweise auch umstrittener Unternehmen.


Massive Attack

Wenn man denn an der Musik etwas kritisieren wollte, dann würde man vermutlich die Tatsache ins Gespräch bringen, dass Massive Attack partout nicht in der Lage sind, kurze Songs auf die Bühne zu zaubern. Immerhin sorgte dann aber die LCD-Leinwand dafür, dass man sich selbst dann nicht langweilen konnte, wenn man etwaige Längen wirklich verspürte.


Massive Attack

Es war ein wirklich hervorragendes Konzert und ich habe selten in letzter Zeit ein Publikum erlebt, dass dermaßen ekstatisch eine Zugabe verlangt hat. Für mich hat sich der Abend vollends gelohnt und – ich sag das bei solcher Gelegenheit ja gerne – wenn sie wieder in der Stadt sind, geh ich bestimmt auch wieder hin. Das neue Album soll wohl im Februar rauskommen, aktuell ist wohl gerade eine EP erschienen. Man kann und sollte sich einiges von den neuen Sachen online anhören.


Massive Attack

* Das sind so Sätze, die schreibt man auch nur einmal im Leben.

  1. der Nija war cool.kann ich bestätigen. 😉 Und Massive Attack war sowieso toll. btw. es war auf dem heimweg echt ziemlich neblig.

Kommentare sind nicht mehr möglich

Webmentions

  • sixumbrellas » Blog Archiv » Jahresrückblick 2009 2. November 2009

    […] war eine echt geile Party. Die beiden Lily Allen Gigs waren extrem sympathisch und entspannt. Und Massive Attack könnte in der Kategorie Bombast […]