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Falling Down

Ein kluger Mann hat einmal gesagt: „Höhenangst? Was soll an Höhen schon bedrohlich sein? Es sind die Tiefen, die mir Sorgen machen.“* Und es steckt viel Wahrheit in diesen Worten. Am vergangenen Samstag durfte ich mir einen Lebenstraum erfüllen: Fallschirmspringen! Den Gutschein dafür habe ich zum 30. Geburtstag von meiner Liebsten geschenkt bekommen und bis zum Tage des Vollzugs habe ich auf die Fragen nach etwaiger Angst immer mit „Ach, quatsch. Ich freu mich drauf!“ geantwortet. Das sollte sich ändern.


Von unten. Sieht eleganter aus, als es sich anfühlt.

Aber von vorn. Als Absprungort habe ich mich für den Flughafen Take Off in Fehrbellin entschieden. Nachdem man mich in einen sexy blauen Overall eingekleidet und in den Sprungablauf eingewiesen hatte, ging es mit einer sogenannten Turboprop-Maschine auf 4000m Höhe. Mein Sprungpartner – man nennt ihn auch Tandempilot – hat sich alle Mühe gegeben, mir meine Nervosität mit schlechten Witzen zu nehmen. Aber mir ging es gut, ich war aufgeregt aber nicht nervös. Auch als sich alle anderen Springer aus dem Flugzeug verabschiedeten, war ich noch guter Dinge.


Der Absprung. Bis hierhin war noch alles ok.

Dann hing ich in der Ausstiegsklappe in der angewiesenen Absprungposition, der Wind fegte mir um die Nase und unter mir war jede Menge nichts mit viel Gegend darunter. Hätte ich Einfluss darauf gehabt, wann wir losspringen, hätte ich bestimmt gekniffen gezögert noch einen Moment die Aussicht genossen, aber die Option gab es nicht, mein Tandempilot sprang recht unvermittelt ab.


Wir fallen. Ich bekomme ernsthaft Angst.

Kennt ihr so Träume, wo man ins Bodenlose stürzt und hinterher schweißgebadet aufwacht? Das war so ähnlich, nur ein bißchen krass viel doller. Von dem Gefühl des Fallens, war ich sehr überrascht. Man kennt das in Ansätzen aus der Achterbahn, aber hier hört es nicht nach ein paar Metern auf. Man fällt einfach weiter. Das Flugzeug ist ganz schnell nur noch ein kleiner Punkt am Himmel und um einen herum ist die endlose Weite des Himmels. Wolkenfetzen fegen an einem vorbei und die Geschwindigkeit raubt einem die Luft. Oh nein, ich hab nur vor lauter Aufregung das Atmen vergessen. Also, tief durchatmen, sich zusammenreißen und wieder runterkommen die Show genießen. Ich mein, das Fallen gehört schließlich zum Programm. Und kaum hat man sich daran gewöhnt und angefangen, es zu mögen, öffnet sich der Fallschirm. Enttäuschung und Erleichterung machen sich gleichermaßen bemerkbar.


Der freie Fall. Macht aber auch Spaß.

Das Gleiten am Schirm ist dann im Verhältnis zum freien Fall relativ langweilig. Um das Problem elegant zu umgehen, kann man eines dieser Steuerungsseile greifen und heftig nach unten ziehen. Der Schirm wird dann eine Lenkbewegung einschlagen, die man am besten mit „sehr schräg nach unten“ umschreiben kann. Diese lustige Kreiselbewegung in Richtung doch schon erkennbar nahen Bodens ist nicht jedermanns Sache, soviel kann ich schonmal verraten. Leider ist der Spaß schon nach wenigen Minuten und einer überraschend sanften Landung wieder vorbei. Man kann sich dann gerade mal noch eine halbe Stunde an Herzfrequenz und Blutdruck weit außerhalb normaler Parameter erfreuen und versuchen diesem finanzschädigenden Drang zu widerstehen, sofort wieder ins Flugzeug zu steigen.


Wolken. Sehen toll aus, wenn sie mit 200 Sachen an einem vorbei rasen.

Die Bilder sind übrigens aus dem Video entnommen, das von der Handkamera aufgenommen wurde, die mein Tandempilot bei sich hatte. Da er mir das Ding aber mehr als einmal direkt ins Gesicht gehalten hat, um mir einen mehr oder weniger geistreichen Kommentar zu entlocken, der angesichts der Rahmenbedingungen meist deutlich weniger geistreich ausfiel, sehe ich davon ab, das Video einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Im privaten Rahmen könnt ihr mich aber gerne drauf ansprechen, wenn es euch interessiert.


Tandempiloten. Haben einen seltsammen Sinn für Humor.


Wolken. Leisten keinen Widerstand wenn man hindurch fällt. Bin überrascht.


Fallschirm. Beruhigend, wenn er sich öffnet.


Lenkung. Funktioniert. Macht mir Angst.


Aussicht. Wird weitesgehend unterschätzt.


Höhe. Ist immer noch hoch, auch wenn sie nur noch 1/10 so hoch ist, wie vorher.

* Ich glaube, es war Rincewind.

  1. Ich sag nur:
    Nieder mit der bürgerlichen Physik: freier Fall für alle.
    🙂
    Welch wunderschöne Aussichten!

  2. Macht unglaublich viel Spaß. Wenn man da aber steht und nach unten schaut, da überlegt man es sich eventuell noch einmal. Aber egal – Man sollte es wirklich einmal machen im Leben.

  3. Das Eingangszitat hat was. Ich bin in Australien mal mit einem Lehrer gesprungen. Das Gefühl der Angst war schnell dahin. Ich bin überzeugt, das man durch Übung auch Ängste im Alltag überwinden kann.

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  • sixumbrellas » Blog Archiv » Jahresrückblick 2009 14. Dezember 2011

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